Autotest
Land Rover Defender 110 P400e AWD Test: Alte Wege neu
Was sagt der Autotester über den Defender 110 P400e?
Dieser Defender kann Komfort. Und das überraschend gekonnt. Er reagiert in schnelleren Kurven deutlich auf Lastwechsel, aber schwankt in Kurven nicht mehr wie ein angeschossener Gaul. Die Lenkung gibt nicht das Gefühl von ungefähr. Mit von Anschlag zu Anschlag 2,7 Drehungen arbeitet sie nicht sehr direkt, aber präzise. Auch die Bremsanlage ist keine von gestern. Dienend und verhaltensunauffällig, außer dass beim Bremsen im Kurvenscheitel zu bemerken ist, dass die ganze Fuhre 2.613 kg wiegt.
Motor: Nimm 2?
Dem Hochgewicht stehen im Defender 110 P400e AWD 404 PS Systemleistung gegenüber. 640 Nm Drehmoment liegen zwischen 1.500 und 4.400 Umdrehungen an. Der 2,0-Liter-Vierzylinder steuert 300 und der E-Motor 143 PS bei. Das enthemmt die Masse. In nur 5,6 Sekunden ist das Briten-Trumm auf Tempo 100 beschleunigt. Final ist man 191 oder 209 km/h schnell (mit 22-Zoll-Leichtmetallfelgen und Allwetterreifen). Bis zu einer Geschwindigkeit von 140 km/h kann es rein elektrisch vorangehen.
Laufkultur: hoch
Geht man es ruhig und gelassen an, wie es zum Defenderfahren passt, arbeitet das Motorenduo einnehmend kultiviert. Der Antrieb wechselt sanft zwischen Benzin- und Elektromotor und die 8-Gang-Automatik von ZF diplomatisch zwischen den Schaltstufen. Wann immer möglich, versucht der teilelektrifizierte Defender mit Strom zu flüstern.
Bei höherem Tempo auf der Autobahn nehmen die Windgeräusche zu. Klar, bei der Form. Auch wenn der neue nicht mehr wie der alte Defender mit einem Cw-Wert von 0,71 gegen den Wind anschuftet. Der aktuelle Wert von 0,38 spart Kraftstoff wie der unterstützende E-Motor. Mit dem lässt sich im Land Rover Defender Plug-in-Hybrid auch ohne Aufladen rein elektrisch fahren. Allerdings in kürzeren Phasen.
Verbrauch: expeditionstauglich?
Land Rover gibt für den Defender 110 P400e einen Durchschnittsverbrauch von 3,1 l/100 km plus 26,0 kWh/100 km Strom an. Ohne Laden steigt der Kraftstoffverbrauch auf 11,0 l/100km. Also auch auf Langstrecke, wo keiner die 15,4-kWh-Batterie permanent nachlädt, auch wenn es mit maximal 32 kW am Gleichstromlader in 30 Minuten klappt.
An der 7-kW-Wallbox mit Wechselstrom (AC) vergehen für die 0-auf-100-Prozent-Ladung etwa zweieinhalb Stunden. Das zeigt: Der Plug-in-Hybrid-Antrieb spart, aber nicht überall. Vor allem im Innenstadtbereich und beim Kurz- und Mittelstrecken-Pendeln, weniger auf Langstrecke.
Im Test pendelt der Spritkonsum auf der Verbrauchsanzeige um die 11 Liter. Der Testverbrauch des Land Rover Defender 110 P400e landet bei 12,0 Liter, die er sich alle 100 km aus dem 90 Liter großen Tank genehmigt. Damit und mit 750 km Reichweite ist auch dieser Defender expeditionstauglich – auch wenn sich kein Stecker im Wadi findet.
Im unwegsamen nordafrikanischen Trockental sind das „Terrain-Response“-System und hohe Winkelzahlen hilfreich. Wie in 4×4-Haudegen à la Jeep Wrangler (Test Jeep Wrangler), Suzuki Jimny (Test Suzuki Jimny) oder Toyota Land Cruiser (Test Toyota Land Cruiser).
Der Land Rover Defender liefert abseits der Straße. Der Böschungswinkel liegt vorne und hinten bei 37,5 und 40 Grad und der Rampenwinkel im Offroad-Niveau bei 27,8 Grad. Im Offroad-Niveau sind es 29,0 Zentimeter Bodenfreiheit. Bis zu 90 Zentimeter tief dürfen Wasserfurten, überwacht mit dem Wade-Sensing-System, sein. Zum Vergleich: Im Land Rover Discovery Sport ist man 30 Zentimeter früher nass (Wattiefe: 60 Zentimeter).
Neue Defenderwelt
Im Vergleich zum alten Land Rover Defender (Test Land Rover Defender) bekommt man mehr geboten als kaschierte Kargheit. Das 12,3-Zoll-Cockpitdisplay tut es digital und übersichtlich. Links der Tacho, rechts der Drehzahlmesser und dazwischen die Bordcomputeranzeigen und Navigationshinweise.
Dem Pivi Pro Infotainment kommt man auf dem mittigen 10-Zoll-Touchscreen mit Intuition bei. Klima und Lautstärke werden – alter Stil, guter Stil – auf dem direkten Weg eingestellt, ohne dass der Defender die Moderne verleugnet.
Das Smartphone wird über Android Auto oder Apple CarPlay ins Infotainment eingebunden. Zwei Smartphones lassen sich gleichzeitig kabellos laden. Das im 110 SE serienmäßige Meridian Soundsystem mit 10 Lautsprechern und Subwoofer ist Hörgenuss.
An Lenkradheizung und Head-up-Display war im alten Land Rover Defender noch nicht zu denken. An so viele Assistenzsysteme und so viel Sicherheit auch nicht. Mit der fuhr der Brite fünf Sterne im Euro NCAP Crashtest ein.
Klar, die große Technikeinheit hinter dem Innenspiegel und der Ersatzreifen auf der Hecktür verbauen die Übersicht. Aber dafür ist das geniale 360-Grad-Rundumsichtsystem mit an Bord. Und dazu die „durchsichtige Motorhaube“, die Kameraüberwachung der Vorderradstellung und die praktische Gespannansicht.
Der Land Rover Defender 110 P400e AWD startet in der S-Variante zu einem Preis von 84.200 Euro. Im D200 AWD steigt man 17.000 Euro günstiger auf – erhält dafür jedoch deutlich weniger Potenz und Laufkultur an die Achsen.
Warum gerade den?
Der Land Rover Defender P400e AWD nimmt weiterhin fast jeden Weg unter die Räder, geht dabei aber neue Wege. Die Laufkultur seines Motorenduos ist mit Blick zurück auf die alte Defenderwelt genauso Revolution wie der stadtfeine Fahrkomfort, das moderne Infotainment und die raffinierte Offroad- und Assistenztechnik. Ob die Defenderwelt eine mit emissionsfreier Geländetauglichkeit sein kann, deren Grenzen durch die Akkuladung gesetzt werden, entscheidet der Einsatzzweck und die Länge des Wüstenritts.
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