Autotest
Volvo EX30 Twin Motor Performance Ultra Test: Starke Überraschung
Was sagt der Autotester über den Volvo EX30 Twin Motor?
Die Nackenmuskulatur ist gefordert. Zwischenspurts gelingen mit zwei 272 PS (200 kW) und 156 PS (115 kW) starken Motoren an der Vorder- und Hinterachse souverän und jederzeit.
Leistungsexplosion in aller Stille
Die Leistungsexplosion bomben in aller Stille. In nur 3,6 Sekunden sind die 1.960 kg schweres Schweden aus dem Stand auf Tempo 100 beschleunigt. Ein flaues Gefühl in der Magengrube inklusive.
Das frühe Ansprechen, das unmittelbare Anpacken und die Laufruhe des Antriebs dominieren das Fahrverhalten. Das einstufige Automatikgetriebe regelt per „Shift-by-Wire“ die komfortable Kraftübertragung.
Die Traktion ist mit dem Allradantrieb untadelig. Bei so viel Spontan-Power hört man die hinteren 245/45-R19er auch mal schmatzen und schmieren. Der stärkste EX30 macht Appetit auf mehr. Das für ein 4,20-Meter-Format sehr hohe Gewicht von 1.960 kg spürt man am Kurveneingang, aber die möglichen Kurventempi sind wegen des tiefen Fahrzeugschwerpunkts hoch.
Das Gleiten ist so entspannend wie das Blinkergeräusch. Das EX30 Topmodell federt fürs Format komfortabel. Die dreistufig einstellbare Lenkung (Wendekreis: 10,6 Meter) rotiert mit mehr Lenkwiderstand als im Polestar 2 Topmodell (Test Polestar 2 Long Range Dual Motor Performance-Paket).
Die Einstellung „Weich“ ist leichtgängig und schwammig und der Lenkmodus „Mittel“ bereits handfester. Die Grundeinstellung „Fest“ ist im Test jedoch klar der Favorit. Wie „One-Pedal-Drive“, das einem den Tritt aufs Bremspedal zumeist einspart.
Was sonst noch auffiel im Test? Manchmal öffnete sich im Test die Fahrertür nicht gleich. Wahrscheinlich wegen einer zu Neige gehenden Batterie des Chip-Schlüssels. Zwei Mal beim Blitzstart sind die Servos der Lenkung auf den ersten Metern noch nicht wach, was die Oberarme für Sekundenbruchteile fordert. Und dann die Sache mit dem Tacho.
Ohne Tacho?
Ohne Tacho. Hinter dem Lenkrad. Nur in der Mitte. Die Positionierung der Geschwindigkeitsanzeige ist suboptimal. Sie liegt beim Fahren außerhalb der direkten Blickrichtung. Am Anfang des Tests ist es ungewohnt und im Verlaufe des Tests will man sich nicht daran gewöhnen. Ein Head-up-Display würde für Linderung sorgen. Hat der EX30 aber nicht. Auch nicht gegen Zuzahlung.
Der optische Reichtum des Cockpits ist sein Purismus. Mit Teilen aus recycelten PET-Flaschen, Vinyl, Polyester, Kork und Wolle. Armut herrscht bei den Schaltern. Der hochkant stehenden Touchscreen ist deshalb mit Aufgaben überladen. Die Anzeigen von Reichweite und Uhrzeit sind deshalb einige Schriftgrößen zu winzig geraten.
An Infotainment fehlt dagegen nichts: 5G, kabelloses Apple CarPlay, OTA-Updates, YouTube App, Prime Video und USB-C-Anschlüsse (im Ultra: zwei vorne und zwei hinten) … alles da. Navigieren über Google Maps und die Spracherkennung sind echter Mehrwert. Das Smartphone lässt sich sogar als digitaler Fahrzeugschlüssel nutzen und weitere Smartphones der Familie oder von Freunden können für das Fahren freigeschaltet werden.
Batterie und Laden
Die 107-zellige und knapp über 400 kg schwere Batterie bietet eine Nettokapazität von 64 kWh (brutto 69 kWh). Mit einem Stromverbrauch von etwa 17,5 kWh soll die Reichweite bei etwa 450 km liegen, bevor es wieder ans Aufladen geht.
Die Ladeplanung erfolgt automatisch, wenn ein Ziel eingestellt wird. Dann wird die Batterie etwa eine halbe Stunde vor der geschätzten Ankunftszeit an der Ladestation vorgeheizt oder vorgekühlt (manuell nicht möglich), um möglichst schnell laden zu können. Mit Gleichstrom (DC) und flotten 175 kW Ladeleistung pumpt der EX30 seinen Akku in circa 27 Minuten von 10 auf 80 % hoch. Im Test ist der EX30 Twin Motor Performance AWD Ultra in 21 Minuten von 177 auf 353 km Reichweite gebracht.
Wird die Batterie häufig schnell und immer zu 100% geladen, hält sie kürzer. Wird mit weniger kW oder am Schnelllader nicht ganz voll geladen, hält sie länger. Volvo empfiehlt schnelles Laden mit Gleichstrom maximal bis 90 % Ladestand. Dies lässt sich auf dem Touchscreen schnell einstellen.
Mit Wechselstrom (AC) vergeht mehr Zeit. Im Twin Motor Performance Ultra ist ein 22-kW-Onboard-Charger statt dem im EX30 Core und Plus serienmäßigen 11-kW-Lader mit an Bord. Ladezeit für den 0-auf-100-Prozent-Hub: Vier Stunden.
Im Test prognostizierte der Bordcomputer 425 km Reichweite. In der Stadt und auf der Landstraße pendelte der Verbrauch zwischen 15,9 und 17,5 kWh/100 km. Nach dem nächsten Vollladen stehen im Test 435 km auf der Reichweitenanzeige. Das genügt im Alltag und ist nicht schwer zu realisieren.
Mit Ein-Pedal-Fahren in der Stadt und häufiger Rekuperation kommt man weit. Die im EX30 Twin Motor Performance Ultra serienmäßige Wärmepumpe unterstützt beim Sparen. Bei kalter und heißer Witterung mit voll laufender Heizung oder Klimaanlage und bei hohem Tempo geht die Batterieladung aber auch mit der Pumpe schneller zu Neige.
Warum gerade den?
Kaufempfehlung? Der 428 PS starke, in Zhangjiakou (China) und ab 2025 auch in Gent (Belgien) gefertigte Volvo EX30 Twin Motor Performance AWD Plus, für den es drei Jahre Garantie gibt, startet zu einem Preis von 51.700 Euro. Mit der Ultra-Ausstattung sind 55.300 Euro fällig. Das ist zwar im Vergleich zum Einstiegs-EX30 viel Geld, aber bei gleicher Ausstattung lediglich 3.100 Euro Aufpreis gegenüber dem einmotorigen EX30 Extended Range mit 272 PS. Gut investierte Euro in ein Motor mehr, zwei zusätzliche Antriebsräder und zusätzliche 156 PS. Reizvolle Verstromung: Kaufempfehlung.
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