
Autotest
Polestar 4 Long Range Dual Motor Test: Kult ohne Fenster
Obere Mittelklasse, gefühlt Oberklasse. Attraktive und schnelle 544 PS – Test Polestar 4 Long Range Dual Motor.
Was sagt der Hersteller über den Polestar 4 Long Range Dual Motor?
Die Gestaltung des Hecks ist keine Design-Spielerei. Der unkonventionelle Verzicht auf die Heckscheibe ist mehr als ein technisches Gimmick.
Erster Eindruck im Test des Polestar 4
Spieglein, Spieglein an der Wand… Der digitale Innenspiegel des Polestar 4 ist nichts für die verspätete Morgentoilette, mit flott Haare richten und so. Nichts zu sehen vom Fahrer hinter dem Lenkrad. Denkt man. Aber dann. Schnell lässt sich der Kameraspiegel auf die klassische Spiegelfunktion umstellen, sodass man sich und die hinteren Fahrgäste sieht.
Die HD-Weitwinkelkamera auf dem Dach liefert ein Sichtfeld ohne tote Winkel hinter dem Fahrzeug. Das auf dem Innenspiegel angezeigte Bild vom Rückraum richtet sich danach, ob der linke oder rechte Blinker gesetzt wurde.
Was sagen die Mitfahrer im Test über den Polestar 4?
Das Interieur präsentiert sich puristisch reduziert und fein verarbeitet. Entweder sind die Sitze mit Bezügen aus Stricktextil ausgeschlagen, welches zu 100 % aus recyceltem PET besteht, oder mit perforiertem Nappa-Leder. Dann sind die Sitzbelüftung, vier Massagemodi und jeweils zwei Lautsprecher in den Kopfstützen der Vordersitze inklusive und das Harman Kardon Soundsystem beschallt den Innenraum mit 16 statt 12 Lautsprechern. Und wie. Mit wunderbar luftigen Höhen und tiefen Bässen.
Vorteile der Heckfensterlosigkeit
Die Innenhöhe des Bugbereichs profitiert am Ende von der Heckfensterlosigkeit, weil keine Heckscheibe das frühe Abtauchen der Dachlinie erzwingt. So sitzt man auch mit 1,90 Meter Körpergröße bequem unter dem serienmäßigen Glasdach.
Der Verzicht auf die Rückscheibe ermöglicht es zudem, das Panorama-Glasdach, das auch als raffinierte elektrochromatische, von durchsichtig auf blickdicht umstellbare Variante bestellbar ist, weit über die Köpfe der hinteren Fahrgäste hinaus zu verlängern. Dadurch spannt sich eine extrem breite und extrem lange Glasfläche über einem auf und die Aussicht ist grandios. Die optional größer dimensionierten Komfort-Kopfstützen würden in einem Fahrzeug mit Heckscheibe die Sicht nach hinten versperren.
Der Fondbereich ist auch wegen 3,00 Meter Radstand und extrem kurzer Karosserieüberhänge eine freundliche Einladung. So viel Radstand ist viel für 4,84 Meter. Daraus resultiert üppig Beinfreiheit auf den Außenplätzen. Noch zu genüge steht davon auch auf dem fünften Platz in der Mitte der Sitzbank zur Verfügung. Weil das Ende der Mittelkonsole relativ weit vorne und der Fahrzeugboden völlig eben verläuft.
Noch mehr gewinnt der Fondkomfort in der Polestar Lounge mit der aus den B-Säulen fächelnden 3-Zonen-Klimaautomatik, der 3-stufig einstellbaren Sitzheizung und der ebenfalls im „Plus-Paket“ enthaltenen, um 34 Grad elektrisch verstellbaren Rücksitzlehne.
Und in der 1, Reihe?
Vorne sitzen ist so bequem wie hinten auf den 12-fach elektrisch verstellbaren Sesseln mit integrierter Kopfstütze und ausfahrbarer Sichflächenverlängerung, die ebenfalls im Plus-Paket inklusive sind. Die Mittelkonsole trennt Fahrer und Beifahrer strikt voneinander, aber sie liefert. Das volle Programm Ablagefläche.
In und auf der breiten Mittelkonsole finden sich auf zwei Ebenen die induktive Ladeschale fürs Smartphone, ein konventioneller Lautstärkeregler (bravo!), ein Doppelbecherhalter, zwei USB-Anschlüsse und eine große Ablage. Der Vorteil eines über den Touchscreen öffnenden Handschuhfachs erschließt sich nicht sogleich, auch wenn bayerischer Adel auch darauf setzt (Test BMW 740d xDrive). Und auch nicht am Ende des Tests.
Weitere Kritik und Lob? Der auf dem Touchscreen aktivierbare „Animal Mode“ freut Hundebesitzer, die Warnung vor dem Ausstieg, das Smartphone nicht in der induktiven Ladeschale liegen zu lassen, Menschen, die das gerne tun. Die Warnungen des Head-up-Display auf der Frontscheibe verdienen in ihrer Deutlichkeit ebenso Lob. Und die Kritik? Nur dezente.
Außenspiegel einstellen über den Touchscreen und die Lenkradtasten bleibt gewöhnungsbedürftig. Die hinteren Seitenfenster verschwinden nur zu zwei Dritteln im Fensterschacht. Verlässt der Fahrer mit dem Chip-Schlüssel in der Hosentasche den Polestar 4 und sitzt noch ein Passagier im Fahrzeug, geht schnell die Alarmanlage los. Öffnet sich die Tür, weil der Fahrer sich mit dem Schlüssel in der Hosentasche dem Fahrzeug nähert, und entscheidet er sich im letzten Moment anders und entfernt sich wieder vom Fahrzeug, ohne dass es die Beifahrerin bemerkt, rückt der Beifahrertürgriff wieder ein. Ohne Rücksicht auf die Finger der Beifahrerin. Aua.
Hinter der schmucken, in 72 Zentimeter Höhe ziemlich hoch verlaufenden Ladekante tut sich unter der elektrisch öffnenden Heckklappe (Stehhöhe darunter: ca. 1,80 Meter) eine sehr breite Ladefläche mit 526 Liter Volumen auf. Unter dem Ladeboden findet sich noch ein tiefes Fach, was man zusätzlich zum Frunk vorne, in dem die Ladekabel verstaut werden, als Staufach nutzen kann. Knapp über 450 kg Zuladung sind gerade so ausreichend, aber wie nur zwei Jahre Garantie nicht viel. Da geht bei anderen Herstellern, die auch aus China kommen, mehr.

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