Autotest
Lancia Voyager 2.8 CRD Test
Der Lancia Voyager ist ein Wohnzimmer auf Rädern, einer der konsequentesten Siebensitzer und darüber hinaus einer der zupackensten italienischen Vans. Test Lancia Voyager 2.8 CRD.
„Push to Release“, steht auf dem Pedal der Feststellbremse. Das ist kein Italienisch. Wie der Voyager tatsächlich. Ein wenig Lancia steckt drin (Uhr, Sitzbezüge), aber das Meiste im Lancia Voyager präsentiert doch – bigger is better – das alte, gute Amerika.
Wieviel Platz und Variabilität zwischen vier Rädern Platz haben kann, offenbart der Van, der in den USA im Jahr 1984 als Plymouth zur die Welt kam, darauf unter Chrysler firmierte und nun als Lancia unter italienischer Flagge tourt: Fehlt nur noch, dass sie im mobilen Wohnzimmer Voyager eine Schrankwand einbauen.
Bis zu sieben Mitfahrer finden Platz. Wenn fünf wieder aussteigen, kommt auch noch ein Kleiderschrank unter. Wenn zu viert gereist wird, übertrifft der Raum für die Beine den jeder Langstreckenlimousine um Längen. Deshalb, weil die mittleren Einzelsitze im Fahrzeugboden versenkt werden können.
Eine ordentliche Portion Gepäck passt jetzt immer noch in den nun zwar nicht mehr so tiefen, aber breiten und hohen Gepäckraum hinter der dritten Sitzreihe, dessen Volumen auch von der Neigung der Sitzbank abhängig ist.
Im Boden ablassen lässt sich diese sehr praktisch, auch Abschnittsweise, über die Bedieninsel an der linken Gepäckraumflanke. Gegenüber findet sich eine Taschenlampe – ein von Chrysler-Jeep bekanntes Detail.
„STOW´N´GO“ = fröhliches Sitzeversenken. Spielerisch verschwinden die zwei Einzelsitze in zweiter Reihe im Fahrzeugboden: Vordersitz ganz nach vorne und den Teppich zur Seite geschoben, Bodenklappe hochgeklappt und den Sitz mit einem Zug an der Strippe versenkt. Das war´s dank raffinerter Mechanik made in the USA.
Typisch Amerika sind auch die Dinge im Voyager, die man nicht unbedingt benötigt, die das Leben aber angenehm machen. Die softe Servolenkung, der Lenkradnahe Automatikwahlhebel, die Dachkonsole mit zwei Videoscreens oder die Lenkradheizung. Fächer, Ablagen, Cupholder existieren zuhauf.
Die elektrischen Schiebetüren links und rechts lassen sich über die Fernbedienung oder den Schalter vor dem Brillenfach öffnen. Sie gehören in engen Querparklücken zu den praktischsten Vertretern ihrer Art. Die es dem Nachwuchs unmöglich macht, Nebenparkerblech zu demolieren.
Nachdem man sitzt, ist das Raum- auch ein Hörerlebnis. Der Voyager gehört – wie viele Vans und große SUVs – zu den eindrucksvollen Konzertsälen.
Von US-Boys abgestimmt sind auch Lenkung und Fahrwerk. Das Drehen ist mit willigen Servos ein Leichtes, auch wenn mit 5,22 Meter der Lenkeinschlag kurz neu gelernt werden muss. Eine Rückfahrkamera hilft. Beim Fahrwerk verhält es sich ähnlich wie bei der Servolenkung: von Herzen unsportiv, viel gemütlicher als fahraktiv.
Und der in den USA verpönte Diesel? Ist ein Antrieb, ohne den in Europa in dieser Klasse nun mal nichts geht. Hauptgrund: der Verbrauch. Der 2,8-Liter-MultiJet-Diesel (Testverbrauch: 9,0 Liter) entpuppt sich als treuer Geselle seines Herren.
Mehr Motor kann, aber muss – der Voyager wird in seinem Leben kein Rennwagen mehr – nicht sein. Der Reihenvierzylinder, der 360 Nm ab 1.800 U/min und 178 PS ab 3.600 mobilisiert, lässt im Stadtverkehr aber fühlen, dass ihm das Gezuckele Mühe kostet. Seine Bestimmung: eher das gleitende Fahren.
Italienisch geht es im Lancia nur im Namen des Zusatzpaketes zu: „Dolce Vita“ umfasst das Doppel-DVD-System für die zweite und dritte Sitzreihe mit zwei ausklappbaren LCD-Bildschirmen, zwei Audio-Video-Anschlüsse für Geräte wie Videokameras oder Spielekonsolen sowie zwei kabellose Infrarot-Kopfhörersets samt Fernbedienung in den Fächern am Dachhimmel.
Schon auf komfortablem Niveau cruist man in der Basisversion „Silver“ mit Dreizonen-AC, Lederausstattung, Tempomat, 17-Zoll-Leichtmetallrädern mit 225/65-Bereifung und Reifen-Luftdruckwarnung. Im Voyager Gold geht alles elektrisch: die Heckklappe, die Schiebetüren, die Sitzverstellung, sogar die Verstellung der Pedale.
Das Lenkrad lässt sich beheizen und auch die Einzelsessel in zweiter Reihe. Als „Platinum“ wird der Voyager mit Nappaleder, elektrisch versenkbarer dritter Sitzreihe, Festplatten-Navi mit 6,5-Zoll-Touchscreen, Xenonlicht, Rückfahrkamera und 506 Watt-Infinity-Soundsystem endgültig zur Luxusbude.
Auch der Preis im Hotel Lancia stimmt. Er startet bei 38.500 Euro, wofür die man den Voyager Silver einkauft und endet bei 46.600 Euro mit dem Topmodell Platinum. Die beiden lieferbaren Motoren, der 178 PS-Diesel und der 283 PS leistende 3,6-Liter-V6-Benziner, haben in jeder Voyager-Version immer ein und den selben Preis. Große Fauxpas leistet sich der Lancia nicht.
Sein träges Handling und Parklückenunfreundliche Größe sollte man ihm – da er soviel innere Größe und Werte offenbart – nicht vorwerfen, die beim Ausrollen schaltfaule Automatik oder den zu tief platzierten Schalter der Warnblinkanlage darf man ihm trotzdem ankreiden. Das ändert aber nichts: Dank Badge-Engineering heißt der überzeugenste italienische Großvan heute Voyager. (2013)
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