Autotest
Ford Ranger Raptor Test: Emotionale Landpartie
Was sagt der Autotester im Test über den Ford Ranger Raptor?
Einstieg: Rauf aufs Trittbrett, Handgriff ergriffen und man sitzt im bequemen Sportsitz. Wo der Ranger Raptor ist, da ist oben. Gut fürs Gefühl, gut für die Übersicht. Wenn ein Audi Q7 neben einem klein wirkt (Test Audi SQ7), versteht man, was wahre Größe ist. Mit 5,38 Meter vom Bug bis zum Heck, 2,21 Meter Breite über Außenspiegel und 13,0 Meter Wendekreis existieren nur noch enge Parkhäuser.
Das 12,3-Zoll-Kombiinstrument macht es digital und klar. Links die Drehzahl, rechts der Tacho und dazwischen vier Anzeigen samt Öltemperatur. Der Lichtschalter sitzt tief. Auf Lichtautomatik gestellt, erledigt sich die kleine Kritik von selbst.
Das Infotainment macht neben dem medialen Handwerkszeug (Digitalradio, Echtzeitverkehrsinfos, Sprachsteuerung, Apple CarPlay und Android Auto, induktive Ladestation fürs Smartphone, USB-A- und USB-C-Anschlüsse) richtig heiß Musik. Das Bang & Olufsen Soundsystem mit 10 Lautsprechern macht’s möglich und sorgt für eine kostenfreie Sitzmassage auf der Rückbank. Hinter der sitzt der Subwoofer, der die Kabine druckvoll mit Bässen bearbeitet.
Der hochkant stehende 12-Zoll-Touchscreen, über den fast alles gesteuert wird, macht nicht nur Eindruck, sondern lässt sich sowohl von der Fahrer- als auch von der Beifahrerseite gut bedienen. Trotzdem kann man sich im SYNC 4 Infotainment in den Untermenüs verlieren.
Die Aktivierung der Differentialsperren über den Bildschirm schätzt auch nicht jeder Traditionalist. Aber, was soll’s? Schon mal komfortabler Pick-up gefahren? Sitzheizung, Lenkradheizung … alles da.
Die Vordersitze lassen sich 10-fach elektrisch verstellen und genauso wie das Lederlenkrad beheizen. Die orangen Farbakzente der Innenausstattung machen das Cockpit und Interieur sportiver als im normalen Ranger. Die hinteren Seitenscheiben sind dunkel abgetönt. Von außen macht das Ranger Topmodell mit der monumentalen Front, den adaptiven Matrix-Scheinwerfern, den 17-Zoll-Leichtmetallrädern mit 285/70 R17-Pneus und viel Federweg den Unterschied.
Im Offroad-Einsatz profitiert der Ranger Raptor von den weit vorne platzierten Vorderrädern und dem dadurch möglichen Böschungswinkel von 32 Grad. Die Wattiefe ist mit 85 Zentimeter höchst bachtauglich. Die Federwege fallen mit 25,6 Zentimeter vorne und 29 Zentimeter hinten so lang aus wie die Bodenfreiheit mit 26,6 Zentimeter erhaben. Ein solider Unterfahrschutz aus Stahl bietet Schutz für die Ölwanne, den Kühler, die Lenkung, das Getriebe und das vordere Differential.
Der Allradantrieb „e-4WD“ arbeitet permanent. Entweder variabel in „4H“, mit Hinterradantrieb in „2H“ oder mit aktiviertem Verteilergetriebe sowie Sperrdifferential vorne und hinten in „4 L“, wenn bei niedriger Geschwindigkeit die volle Traktion gefordert ist. Im Geländeeinsatz werden die Achsverschränkung und der Bereich vor dem Fahrzeug auf dem zentralen Bildschirm visualisiert.
Erfreulich komfortabel
Auf der Straße verhält sich der Ford Ranger Raptor für ein Pick-up erfreulich komfortabel. In der City erklimmt man die aller höchsten Bordsteine. Die Fox Druckstufendämpfer gestatten riesige Federwege und wirken trotzdem dem im Pick-up typischen Eintauchen von Front und Heck entgegen. In den sportlichen Fahrmodi lässt sich der Ranger Raptor erstaunlich souverän in die Kurve wuchten. Vorsicht hilft beim Fahren immer. Bei Lastwechseln kommt das Heck weich, aber wenn es kommt, kommt eben viel Heck.
Und der Motor? Der Modellname des 2018er Raptor zeugte von Biss, der 213 PS leistende Diesel nicht so recht. Der mit der 10-Gang-Automatik liierte 3,0-Liter-Biturbo-V6 ist da ganz anders gestrickt. Weil er mit Benzin aus dem 80-Liter-Tank gefüttert wird und weit besser klingt.
Der V6-Biturbo baut schnell Kraft auf dank je einem Turbolader pro Zylinderbank, seinem um einen Liter größeren Hubraum und seinem „Anti-Lag“-System, das den Lader beim vom Gas gehen einen Moment bei Laune hält. 491 Nm Drehmoment bei 2.300 Touren und 292 PS Leistung bei 5.500 Touren sorgen für kraftvollen Schub und der serienmäßige Klappenauspuff dafür, dass es lecker klingt.
Betörend seidig
Der V6 arbeitet bei niedrigem Puls von 1.500 Touren betörend seidig und kultiviert. Monster kann er ebenso nach dem Druck auf die Raptor- oder Baja-Taste. In 7,9 Sekunden sind die 2.454 kg Schwermetall aus dem Stand auf Tempo 100 befördert. Die Wucht der Masse spürt man im Magen.
Wer den Koloss permanent bei 180 km/h Spitze hält, kommt mit den 13,8 Liter des WLTP aber garantiert nicht mehr klar – und darf auch über die verbrauchsgünstigere und mit 74.000 statt 80.000 Euro günstigere Ranger Raptor Variante mit dem sparsameren 210-PS-Diesel nachdenken.
Im Test stehen bei gelassener Fahrweise, die im Pick-up ideal ist, zwischen 12,1 und 12,8 Liter auf der Verbrauchsanzeige. Der Testverbrauch fällt höher aus mit 15 l/100 km.
Warum gerade den?
Der Ford Ranger Raptor macht ein seltenes, aber auch selten gutes Angebot mit fünf Sitzplätzen samt großer Ladefläche, großer Geländetauglichkeit und begeisterndem Motor. Der V6 säuft nach seiner Natur, erklärt den Raptor aber zur emotionalen Landpartie. Im Alltag, der nicht nur aus Emotion besteht, überrascht das Pick-up mit seinen harmonischen Eigenschaften, der Laufkultur seines V6 und seinem guten Komfort.
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