Autotest
Mini Cooper Cabrio erster Test: Oben ohne ist besser
Die anmachende Direktheit machte den Mini zum Gokart der Kompaktklasse. Nun ist er auch konsequent offen – erster Test: Fahrbericht: Mini Cooper Cabrio.
Oben ohne ist besser. Sie gucken noch mehr, und viele freuen sich mit der Fahrerin. Ein Applaudieren kann sich der Mann am Zebrastreifen, obwohl ihm gerade die Vorfahrt genommen wird, auch nicht verkneifen – selten mit einem Verkehrsverstoß soviel Freude bereitet.
Dabei sind in Südfrankreich sehr viele Autos offen. Aber eben nicht so spitzbübisch und sympathisch wie der in Oxford gebaute nur 3,63 Meter kurze Mini. Nicht die Spur von britischer Kühle. Mit seinen Kulleraugen eroberte er die Herzen im Sturm, mit Stoffdach legt er, auch was seine Begehrlichkeit angeht, noch einige Windstärken nach.
Vieles beim Cabrio schon jetzt realisierte kommt später auch dem geschlossenen Mini zugute. Die neue Scheinwerferoptik, die überarbeiteten Stossfänger, der modifizierte Grill und die neuen Heckleuchten. Anderes wie die Karosseriefarben „Cool Blue“ oder „Hot Orange“ oder das persenningfreie Stoffverdeck (in Schwarz, Blau oder Grün) gehen nur Cabrio-Interessenten etwas an.
Armaturenbrett und Türverkleidung werden in Silber, Anthrazit oder im Alu- oder Holzlook offeriert, die Vierer-Bestuhlung in Stoff, Leder oder einer Kombination von beidem. Das 1.175 Kilogramm schwere Cabriolet unterscheidet sich nicht nur in 100 Blechteilen vom Cooper mit Festdach, sondern bringt auch satte 100 Kilogramm mehr auf die Waage – wegen der notwendigen Karosserieversteifungen und dem aufwendigen Verdeckmechanismus.
Auch mit dem Stoffdeckel ist der Mini Mini geblieben: Kurze Karosse, langer Radstand, kurze Überhänge – ein kompaktes Profil. Das Cabriodach duckt sich, ohne dass der Kopfraum merklich schwindet, noch etwas näher über den Asphalt, aber die Frontscheibe steht steil im Wind. Ein guter Zug von ihr, denn das macht, weil der Windschutz auf ordentlich Distanz zum Fahrerkopf geht, viel Cabriogefühl.
Das stellt sich schon ein, wenn der Fahrer den Schalter an der Oberseite des Windschutzscheibenrahmens nur einmal drückt. Dann öffnet sich (bis Tempo 120 möglich) das elektrische Stoffverdeck (Serie) stufenlos wie ein Schiebedach auf einer Länge von etwa 40 Zentimetern.
Mit dem entscheidenden Unterschied, dass sich direkt nach dem Scheibenrahmen, dort wo beim Schiebedach sonst noch Blech sitzt, im Mini Cabrio sofort der Himmel auftut –eine auf dem Markt einmalige Dachkonstruktion.
Mit den rahmenlosen vorderen und hinteren Seitenfenstern und dem Windschott (optional) lässt sich der Zug von sachte stürmisch bis frisurfreundlich modellieren. Wird der Verdeckschalter erneut gedrückt, sitzt auch die Rückbank voll im Freien.
Viel Zug gibt es dort, aber auch wenig Raum für die Beine. Immerhin für kurze Fahrten oder kurze Beine reicht es. Fürs Gepäck gilt ähnliches: 120 Liter Kofferraumvolumen bei geöffnetem Dach, 165 bei geschlossenem und 605 bei umgeklappter Rücksitzbank. Positiv: Die beiden Rücksitzlehnen können abgeschlossen werden. Dadurch ist der Kofferrauminhalt auch bei geöffnetem Verdeck geschützt.
Das Prinzip Mini ist sich auch mit Stoff im Dach treu geblieben: wertige Verarbeitung, schön anzusehen. Das Multifunktionslenkrad und das mittige Multi-Instrument sind neues Repertoire, die wunderschöne Hebelklaviatur der unteren Mittelkonsole, die mit dem Lenkrad eine Einheit bildenden Rundinstrumente und der puristische Schaltknauf alter Bestand. Dessen Kürze steht wiederum fürs ganze Prinzip: Kurz, direkt und knackig hält das neue Fünfganggetriebe den 115 PS starken 1,6 Liter am Gas. Gerade im offenen Mini posaunt der Vierzylinder wie die seligen Vorfahren: Ursprünglich zünftig oder vernehmlich tief. Gedreht will er aber immer noch werden, aber nicht geschüttelt: Auch als Cabrio federt der Mini recht kommod. Um Kurven geht er – auch ohne optionales DSC – wie Schmidts Katze vor der Hundemeute. Die schon im geschlossenen Mini geschätzte elektrohydraulische Servolenkung ist ein Eichstrich an Direktheit. Noch zu akzeptierende Suchtmittel heißen auch beim offenen Mini Kurve.
Die Karosseriequalität hüllt sich dabei in Stille. Verwindung spricht nicht zum Fahrer. Massiver Seitenschweller, zusätzlicher Schott- und Versteifungsbleche sei Dank. Eine ähnlich Vertrauen aufbauende Maßnahme wie das Rohr aus hochfestem Stahl in der A-Säule und die adaptiven Front- und sitzintegrierten Kopf-Thorax-Airbags stellt das Doppelpack aus hochfestem Aluminiumrohr am Karosserie-Ende da.
Dass das schützende Set Überrollbügel dem Fahrer samt dem hoch aufliegenden Verdeck die Sicht nimmt, gibt dem Besitzer nur einen kurzen Dämpfer, da er weiß, dass bei geschlossener Kapuze durch die zu kleine Heckscheibe (positiv: verglast und beheizt) kaum mehr vom rückwärtigen Verkehr zu sehen ist. Schon deswegen macht die serienmäßige Einparkhilfe PDC (Park Distance Control) Sinn.
Sinn und Sinnlichkeit geben sich beim Mini Cabrio überhaupt einträchtig die Hand. Mehr als ein Fingerdruck und 15 Sekunden Lebenszeit bedarf es nicht, und der Himmel ist nah. Vier Sitzplätze, wenn auch hinten mit Abstrichen, unter der Sonne. Kein Fensterrahmen stört seitliche Ausblicke, der Oberarm schmiegt sich auf die Türoberseite, der Wind kommt gut. Das Mini Cabrio auch. Bleiben vorab nur zwei Einwände. Erster: Der Preis für das Mini Cabrio ist hoch (Mini Cooper: 20.000, Mini One: 18.300 €). Zweiter: Erst im Juli geht es los. Im August reicht man dann den 170 PS starken und 24.000 Euro teuren Cooper S mit Cabriodach nach, Ende 2004 die stufenlose CVT-Automatik. (2004)
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