Autotest
Mercedes CLC 350 im Test: Hohes C
Der Topmotor im CLC: 3,5 Liter Hubraum, 272 PS Leistung, Automatik, Heckantrieb und Sport-Paket. Mehr Härte als Laufkultur? Mehr Hub- als Kofferraum? Lesen Sie selbst. Test: Mercedes CLC 350 Sport-Paket.
Die optische Annährung an die aktuelle C-Klasse ist mit eckigen statt runden Scheinwerfern, mit den charakterbildenden Augenbrauen auf der Leuchtenabdeckung und dem gestrafften Heck mit dem prägnanten LED-Band im Kofferraumdeckel gelungen. Insgesamt wirkt der 2008er CLC harmonischer als der CLC-Erstling von 2000.
Über die schwäbische Bedienaufgeräumtheit – ohne den mit „iDrive“ vom Münchner Konkurrenten BMW eingeleiteten Drehregler-Zentralismus – wundert man sich als prinzipieller Modernist: Zu suchen ist heute – im Leben wie im Auto – Zeitgeist. Hier nicht.
Die in Sport-Paket-Ausführung mit Zielflaggenmuster unterlegten roten Zeiger sind perfekt ablesbar, die Schaltwippen zwar aus Kunststoff – aber aus was für einem. Dass der klassische Daimler-Duktus der Sitzverstellung gerade in der enger taillierten Coupé-Form, ohne Herumstochern in der Ritze zwischen Sitz und Türverkleidung, Sinn macht, ist so klar wie die Brüh zur Maultasche.
Traditionell hat die Handbremse im CLC Hand und Fuß (Aktivieren: ein Fußtritt mit Links, Deaktivieren: ein Zug am Hebel). Bei soviel Perfektion verwundert es, dass sich der Lichtschalter für große Menschen im Sichtschatten des Multifunktions-Volants (Leder) befindet, und das Geschwindigkeitsregerle mit 1km/h-Korrektursprüngen eine Tendenz zum etwas knauserigen Schwäbeln hat.
Das Glasdach ist sowohl subjektiv als auch höchst objektiv der Gipfel: Tatsache, die Drei- und Viertausender kommen auf allen Plätzen plötzlich ungekappt – auch im Fond (dessen Kannkopfhöhe coupétypisch vom abfallenden Dach bestimmt wird).
Die November-Depression verfliegt. Das Mercedes Coupé ohne das opulente Panorama-Schiebe-Dach (1.700 €) zu bestellen? Brächte die gesamte Besatzung um viel Sonne im Leben. Dass daraus kein Hitzeschlag auf der Schädeldecke entbrennt, dafür sorgt das luxuriös aus dem Dach hervorsurrende Schutzrollo. Dafür, dass der CLC mit lässigen Drehzahlen dahinklimmt oder auch schwarze Striche auf den Asphalt brennt der 3,5 Liter-Sechszylinder.
Der V6-Sauger schafft als Top-Arbeitnehmer im CLC. Der Gewichtsvorteil (-275 kg), der dicht gepackte Motorraum und 272 PS an den hinteren Pranken deuten an (245/35 ZR18; vorne: 225/40 ZR18), was der Motor, der auch im SL Dienst tut, hier zu leisten vermag: Er muss nicht schaffen, muss sich nicht bemühen … Aus „muss“ mit wenig Hubraum wird „kann“ mit viel.
Leistung ist kaum mehr als eine kurze Bewegung des rechten Fußgelenks: eine sämige Masse, angerührt mit reichlich Drehmoment. Klar, dass so einer gute Brote backt: knackig wie sein Sportfahrwerk im Biss, mit der gesunden Nahrhaftigkeit von 350 Nm bei 2.400/min – kurzum: Vollwertkost.
Erst dieser hohe Energiegehalt des Motors erlaubt dem CLC 350 ein Doppelleben: Einerseits wirkt er sanft und gelassen. Andererseits schwillt dem über die ovale Auspuffblende säuselnden Triebwerk mit forciertem Gaswunsch gehörig der Kamm: 6,3 Sekunden bis 100, elektronisch abgeregelt 250 Stundenkilometer.
Bei 180 km/h setzt der Daimler elastisch-hart nach. Mit einer Durchzugskraft, die viele, aber nicht alle Turbos im Auspuffschatten abstellt (Beispiel: BMW 135 i Coupé). Das macht den Tank leer, aber den Fahrer glücklich.
Diesem Anspruch genügt auch die 7G-TRONIC: Flott eilt sie, die Drehzahlen flach haltend, hoch in den 7.Gang, sportlich motiviert aalt sie den sonorer klingenden „Sport“ (inklusive Sportluftfilter und „sportlichem Motorsound“) in hohen Drehzahlen.
Der Wandler – ein Traumwandler – steht die ganze Drehzahl-Palette. Was er intuitiver beherrscht? Einfühlsam beim Ausrollen vor der Ampel durch Zurückschalten die Motorbremsleistung zu nutzen oder Schaltgetriebegefühle zu bereiten mit den Schaltpaddeln? Gute Frage.
Nächste Frage: Wie vertragen sich die Härten eines Sportfahrwerks (Tieferlegung: vorne 15 mm, hinten 5 mm) mit der überzeugenden Harmonie von Motor und Antriebsstrang? Gut, da zwar mehr Abrolltrockenheit und Belagsauftrommelei im Spiel ist (zumeist: lediglich akustisch), aber eben keine Garstigkeiten im Komfortbild – „Restkomfort“ fühlt sich zumindest ganz anders an.
Die präzise Direktlenkung des Sport-CLC mit variabler Lenkübersetzung gestattet eine saubere Linie, der fitte Heckantrieb ohne ESP-Zurückpfiff ein mitlenkendes Heck.
Das Grundproblem leistungsstarker Sportwagen – mehr Hubraum als Kofferraum – ist im Coupézuschnitt keins: Das Kofferabteil fasst 310 Liter. Die Heckklappe schwenkt – auch für Hochgewachsene ohne Kopfnuss-Option – weit nach oben. Die leicht ansteigende Ladefläche und die relativ hohe Ladekante haben jedoch auch nach der 2008er-Überarbeitung Bestand; so auch der den Rückraum wenig erhellende Blick: Die schmale Bugfensterluke hat „16:9“-Format, die Parkdistanzkontrolle daher Sinn (akustisch und optisch, auf dem Armaturenbrett und im hinteren Dachhimmel).
Details, wie die nur von vorne anschaltbare hintere Deckenleuchte offenbaren – obwohl der Fußraum hinten erkläglich ausfällt – das CLC-Ideal: eine 2+2-Besatzung, zwei Erwachsene und Kind(er), zwei Erwachsene mit viel Gepäck (Kofferraum bei umgeklappter Rückbank: 1.100 l).
Trotzdem muss man betonen: Ein- und Ausstieg in den Fond geschehen außergewöhnlich einfach – „Easy Entry“ mal nicht als hohler Anglizismus.
Dass der Einstieg preiswert, aber nicht günstig ist, das hat man ja schon geahnt: 36.100 € für den CLC 350, rund 1.900 € für das Sport-Paket und 2.300 € für die 7G-TRONIC. Der Lohn des Preises: Ein charmanter und harmonischer Motor, eine glückliche Verlobung mit der Automatik und ein die Liebe nicht zerrüttendes Sportpackage.
Ehekrachpotential besteht erst nach dem Shopping an der Zapfsäule: 12,2 Liter/100 km. Am Ende wird man von den flotten Kurven dann doch noch eingeholt.
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