Autotest

Mercedes E 250 CGI Cabrio Test: sauber gefönt

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Harmonischer als im E-Klasse Cabrio wird man selten an die Luft gesetzt. Wird auch der kleinvolumige, 204 PS mobilisierende 1,8-Liter-Vierzylinder-Turbo diesem Anspruch gerecht? Test Mercedes E 250 CGI Cabrio.

Mercedes E Cabrio: Vier Sitze

Wenig Volumen, großer Anspruch. 1.796 Kubikzentimeter Hubraum und nur vier Zylinder genügen, um ein viersitziges und 1,7 Tonnen schweres Cabrio der 4,70-Meter-Kategorie adäquat voranzutreiben? „Downsizing“ als der den Flottenverbrauch besänftigende Königsweg?

Selbstbewusst groß ziert der Stern den Kühlergrill. An der ersten Ampel glaubt man, Start-Stopp ist aktiv, doch die 800 Umdrehungen, die der Zeiger des Drehzahlmessers zeigt, sagen: Der Motor läuft. Ach was, er schnurrt, er flüstert …

Der 204 PS leistende Vierzylinder ist so extrem kultiviert, dass er sich selbst beim Ausdrehen über 6.000 U/min ziert, störend laut zu werden. Flott spricht er an, leichtfüßig dreht er hoch.

Mercedes E-Klasse Cabrio: Cockpit

Der Turbolader legt das Fundament (310 Nm bei 2.000 U/min), Geschmeidigkeit und Elastizität bestimmen, untermalt von leisem Laderpfeifen, den mittleren Bereich, und wenn der Zeiger des Drehzahlmessers die 4.000 markiert, tritt der 1,8er noch mal an – Sie glauben nicht an Downsizing? Nun schon.

An ein Vierzylinder mit so wenig Hubraum und so viel Laufkultur war vor einem Jahrzehnt noch nicht zu denken. Im gemütlichem Cruiser-Tempo, bei dem der Balken der Verbrauchsanzeige nur fünf, sechs Liter zeigt (Testverbrauch: 9,9 Liter/100 km), pendelt der Zeiger im klassischen Rundinstrument um 1.900 U/min. Auch deshalb nimmt man die Umwelt geschlossen, mit der dann wie im rahmenlosen Coupé zur Seite hin perfekten Übersicht, unter dem dick wattierten Verdeck daher bestenfalls peripher wahr. Offen fahren gestaltet sich als ein ebensolches Privileg.

Der Gegenwind ist dein Freund – mit seinem sehr geregelten Maß an Zug.Die Stuttgarter Ingenieure brachten dem stürmischen Element mit allem, was heute möglich scheint, Manieren bei. Das Windschott in Verbindung mit „Airscarf“, dem ein echtes Cabrioproblem lösenden Nackenwärmer, macht Cabriofahren auch im Winter nicht zur Verrücktheit.

Mercedes E-Klasse Cabrio: aircap

Der modern tief bauende Windschutzscheibenrahmen ist und bleibt jedoch Geschmacksache: weniger Wind, weniger Cabrioerlebnis. Nicht aber das „Aircap“, der geniale Windleitspoiler am Quersteg der Windschutzscheibe.

Das innovative „Brett vorm Kopf“, von dem man auf dem Fahrerplatz nach dem Schalterdruck nur das Ausfahrgeräusch mitbekommt (Schalter unter dem eleganten Lederhäubchen hinter dem Dachschalter), macht Zweifel an seinem Nutzen, nachdem der Wind Praxis macht, schnell vergessen: In Sitzreihe eins zügelt es den Zug ab 60 km/h merklich.

Bei hohem Tempo ist die Wirkung deutlicher. 200 km/h offen verleiden dem Fahrer nicht der Gegenwind, sondern die Umweltgeräusche. Noch höher ist der Nutzen des Aircaps in Reihe zwei: 80 km/h, sonst eine Frisur mordende Angelegenheit im viersitzigen Cabriolet, lassen die Haare nur etwas wirrer aufleben – sauber gefönt: Ingenieurskunst spart Haargel.

Mercedes E-Klasse Cabrio: airscarfMercedes E-Klasse Test: Cabriodach

Ein solides Stoffverdeck beglückt mit mehr Charme als ein mobiles Aludach, und es verschwindet voll versenkt unter der Verdeckklappe. Das ist gut für die Sicht. und das ist der Vorteil. Die Kehrseite davon ist der tiefe, das Kofferabteil (Volumen: 390 Liter) verflachende Verdeckkasten.

Auch in Fahrt lässt sich das Dach bis cirka 40 km/h elektrisch öffnen und schließen. Nur mit fast zwei Metern Mannshöhe ist der Dachstoff mehr nah als lieb. Hierfür gibt es jedoch eine praktikable Lösung: zwei Speicherungen in der Sitzmemory. Schalter eins für offenes, Schalter zwei für geschlossenes Fahren.

Die Vordersitze sehen nicht nur bequem aus. Zudem sichern sie Kopf- und Halswirbel mit aktiven „Neck-Pro“-Kopfstützen. Die Einzelsitze im Fond bieten in aufrechter Sitzposition in Verbindung mit der hoch ansetzenden Armlehne fast ebensoviel Seitenhalt.

Mercedes E-Klasse Cabrio: Totwinkelwarner

In Sachen Fuß- und Kopfraum orientiert sich das geschlossene Cabrio am E-Klasse Coupé, auf dessen Baugruppe es aufbaut, trotzdem gestalten sich Ein- und Ausstieg mit der Einstiegshilfe, wenn der Vordersitz nach dem Ziehen des verchromten Sitzhebels elektrisch nach vorne summt, würdig. Eine autonome Klimasteuerung zu Füßen, am hinteren Ende der Mittelkonsole, rundet den Spaß am Gefahrenwerden ab.

E wie Sicherheit. Gegenüber dem E-Klasse Coupé wurde die Offendachvariante mit angepasster Bodengruppe, versteiften A-Säulen und einem bei Überschlaggefahr automatisch ausfahrenden Überrollbügel abgesichert. Totwinkelwarner in beiden Außenspiegeln, der Spurhalteassistent und der mitdenkende und warnende Tempomat „Distronic Plus“ erfüllen den gleichen Zweck – viel Sicherheit, allerdings optional.

Die Verkehrszeichenerkennung ist praktisch, aber kein Muss. Die Heckkamera eher schon. Weil sowohl das ansteigende Coupéheck als auch die vom Fahrerplatz elektrisch (teil-)versenkbare Windschott-Kopfstützeneinheit dem Fahrer zu gut zwei Dritteln den Rückspiegel verbauen. Die Harmann/Kardon-Soundanlage sollte man sich ebenso spendieren. Mit tiefen, rollenden Bässen vergisst man in einem offenen Cabrio – eine akustisch heikle Situation – zu sitzen.

Mercedes E 250 Cabrio Test, 204 PS

Das Fahrwerk bedarf nicht viel Rede: komfortabel, sicher, stoisch. Dieser Eindruck ergibt sich gerade auch nach schneller zurückgelegten Wegstücken (Höchstgeschwindigkeit: 240 km/h). Die Vierlenkerachse vorne reicht dabei eher mal einen Stupser durch als die souveräne Raumlenkerhinterachse. Die Servolenkung hält sehr gut Balance zwischen Präzision und Leichtgängigkeit. Der Langstreckenkomfort ist erhaben, eine lange Reise damit nicht weniger als Ruhe und Genuss.

Ist weniger mehr? In einem glatt doppelt so starken E 500 Cabrio (408 PS) konkurrieren V8 und Natur um die Fahrfreude, im E 250 mit dem überzeugenden 1,8-Liter-Turbo dagegen obsiegt die Natur. Kauf-Gegengründe? Das gekappte Kofferabteil, das gekappte Cabriofeeling und eine Preispolitik mit weitem Horizont. Kaufgründe? Alles andere. (2011)

 

Weitere Informationen

https://www.mercedes-benz.de

 

 

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