Autotest
Lexus IS F Fahrbericht
Einen noch raren Lexus IS F zu fahren, ist heute fast noch schwerer als einen zu kaufen. Was einem entgeht? Die große „Freude am Fahren“ made in Japan mit einem hoch drehenden 5,0 Liter-V8 und 423 PS – Fahrbericht: Lexus IS F.
Sagen wir mal, es brodelt. Oder es bebt. Prophezeiendes Grollen und tiefes V8-Wummern. Der Lexus mampft einen machtvollen Takt, der die Marmelade auf dem Croissant, die Milchschaumhaube auf dem Cappuccino, den Meerrettich auf dem Lachs beim Präsentationsfrühstück vergessen macht. Frühstücken oder fahren?
Fahren. Der Lexus-Presse-Mann, dem das „Vorsicht Leistung“ deutlich ins Gesicht geschrieben scheint, warnt mit einem Ausdruck von vorsichtiger Besorgnis: Acht Töpfe mit 5,0 Liter Hubraum und 423 PS taugen für Dramatik am hinteren Reifensatz – Leistungstonlage: Nippon-„F“ auf Bayern-„M“-Niveau.
Zudem ist der Lexus IS F momentan rar wie ein EB 16.4 Veyron: Zwei Stück stehen im Testfuhrpark in Köln. Das gefahrene japanische Vorserienmodell kommt vom Toyota-Europa Hauptsitz Brüssel.
Die Modellbezeichnung F weist auf die Geburtsstätte des neuen Lexus IS F hin, den Fuji Speedway und das Higashi Fuji Technical Centre am Fuße des hübschen Bergkegels. Die Rennstrecke, 1963 für NASCAR-Races errichtet, war 1976 und 1977 Veranstaltungsort der ersten beiden japanischen Formel 1-Rennen. Für eine hohe Erwartungshaltung ist, nachdem gerade ein IS F knurrend vorbeigerollt ist, somit gesorgt.
Keyless-go – Den Chip im Fach der sehr breiten Mittelkonsole versenkt, den Startknopf gedrückt und schon brabbelt der V8 verheißungsvoll mit tiefem Timbre. Das Ledervolant surrt nach oben, was das Platznehmen erleichtert. Propere Sportsitze hinter, tadelfrei ablesbare Instrumente vor dem Fahrer.
Trotzdem ist dessen Konzentration – viele Schalter, die Schaltwippen und der agile, von Yamaha aufgepowerte LS600-V8 – erstmal eingespannt in Verstehen und Begreifen: Leichtmetall-Motorblock, Titanventile, hohlgebohrte Nockenwellen, D-4S Einspritzsystem, elektrisch gesteuerte variable Ventilsteuerung, separater kleiner Kraftstoffspeicher und zwei oben im Ölkreislauf angeordnete Spülpumpen.
Der intern „2UR-GSE“ getaufte, dem Fünfliter-V8-Aggregat des LS600 nur in der Grundcharakteristik ähnelnd, steht für motorischen Bilingualismus. Auf jeden Fall erfährt der Lexus-Urglaube an die unumstössliche Ruhe des Systems eine neue Facette: Der sekundäre Kanal des zweiflutigen Ansaugsystems schaltet, gefühlt bei cirka 3.800/min, auf Durchzug.
Was nun folgt, hat mit vorher – und leise – nicht mehr viel im Sinn. Blind glaubt man nun dem Marketing und dem „Eindruck …, dass ein zweiter Motor zum Leben erwacht“ (IS F Pressemappe) – hybride Akustik: Kein anderer Lexus spricht in diesem Moment leise und im nächsten derart fulminant vollmundig aus.
„M“ heißt „Macho“, „Manuell“ und „Macht“ – Schaltmacht: In 0,1 Sekunden zieht das Achtgang-Direktschaltgetriebe die Gänge durch. Der Schaltduktus ist nun rein handgemacht: Der Wandler wird überbrückt, das Motordrehmoment (505 Nm bei 5.200/min) wie bei einem manuellen Schaltgetriebe direkt übertragen und die Schaltstufe restriktiv ohne Ausnahme bis 6.800/min gehalten – der Überdrehschutz piept im Takt, die Fingerkuppen verwachsen mit den Schaltwippen am dicken Lenkradkranz: Fahrer, Motor und Fahrwerk werden eins – 4,8 Sekunden bis 100, 270 km/h Spitze, was wünscht sich der Sportfahrer mehr?
Der V8 flutet den Innenraum mit Ansaug- und Austosskonzert, klettet sich ans Gas. Die adaptiven Servos, die für eine Sportlenkung sehr leichtgängig servieren, packen sich die Straße. Die Sechs-Kolben-Bremsanlage von Brembo (360 mm-Scheiben vorne, 345 mm hinten) beißt zu.
Die ungefederten Massen sind gering (im Vergleich zum LS: 10,9 statt 15,5 kg für das gleich große Rad). Der 19 Zoll-Querschnitt der geschmiedeten Leichtmetallräder gestattet neben Lenkpräzision und ehrlicher Belags-Information auch noch eine gute Portion Fahrkomfort. ESP, hier VDIM genannt (Regelcharakteristiken: „Sport“, „Normal“ und „Snow“), ist kein Spaßverderber; Asphaltwischer inklusive. Ein Zwischengasfauchen vor dem Kurvenscheitelpunkt – was für ein Spektakel.
Kontrolliertes Feuer und Lust machender Heckantrieb. Zwei Gesichter, ein attraktiver Preis (69.900 €). Sämige V8-Laufkultur und bißfester V8-Techno. Ein Kompromiss, ohne Kompromisse. Timo Glock hat einen als Dienstwagen.
Andere dürfen vorfreudig (er)warten: Der IS F ist momentan Zuteilungsfrage. Japaner warten ein Jahr, deutsche Interessenten „nicht unter 6 Monaten“. Die Nachfrage ist fünf mal höher als die aktuelle Produktionskapazität. Viel mehr als 200 Fahrzeuge dürften in 2008 nicht verteilt werden. (2008)
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