Autotest
Mazda Tribute 3.0 V6 im Test: Tribut an den V6?
Auch in der Tierwelt haben Traktionswunder vier Beine. Mit Allradantrieb und einem großen 3,0 Liter-V6 verfügt der Mazda Tribute über einen sicheren Stand. Und zieht damit seinem Besitzer bei den Betriebskosten die Schuhe aus? Test: Mazda Tribute 3.0 V6 Automatik Exclusive.
Der Camel-Mann zieht nur Hausschuhe an. Die Wüste lebt, aber eben nicht hier. Wüste Trophys und Abenteuer finden nur noch in den Köpfen statt. Den Geländewagen ist schlicht und ergreifend ihr Gelände abhanden gekommen. Und dann das: hoher Aufbau, 203 PS, Allradantrieb und eine Automatik – vernünftig?
Erstmal ja. Alle vom Fahrer zu bedienenden Aktivposten liegen gut in Reichweite, das Lederlenkrad gut in der Hand. Allein die Becker Radio-Navikombi „Traffic Pro“ überzeugt beim Navigieren nicht voll – zu langsam. Die aktuelle Zeit versteckt sich tief in der Menüführung des Radios.
Die vorderen Getränkeaufnahmen sind wie viele Cupolder trotz der Überarbeitung des Tribute im letzten Jahr nicht ganz up to date – kein Platz für 1,5 Liter PET-Flaschen. Etwas vermisst werden auch das Außenthermometer und in zweiter Reihe die Kleiderhaken am Dachhimmel.
Ansonsten jedoch nicht viel, weil beim 3.0 V6 das meiste – bis auf den Metalliclack (540 €) und das elektrische Glasschiebedach (820 €) – inklusive ist: Automatik, Klimaanlage, Navigationssystem (beim Sondermodell Adventure) und Lederausstattung.
Dem Leder nimmt man zwar wegen der Schmutz abweisenden Imprägnierung nicht gleich ab, mal Kuh gewesen zu sein, der ganz in Schwarz und Grau gehaltene Lebensraum im Mazda Tribute ist aber von der wohnlicheren Art. Die Vordersitze sind auch nach Stunden kommod bewohnbar.
Ein bei japanischen Autos gemeinhin oft angebrachte Kritik ist die an der zu kurzen Beinauflage des Fahrersitzes, eine länderunspezifischere die an mäßigem Seitenhalt auf dem Mittelplatz im Fond. Dagegen glänzt der Vorderraum mit weit ausfahrbaren Kopfstützen, Sitzbelegungserkennung auf der Beifahrerseite und einem voluminösen Mittelfach.
Die Raumverhältnisse im Fond entsprechen etwa denen der oberen Mittelklasse mit der Zugabe von üppigem Luftraum. Auch der Raum dahinter meint es, weil völlig eben gebaut und mit praktischen Flankennetzen und solider Gepäckraumabdeckung versehen, gut mit Koffern und Gepäck, aber nicht immer mit dem, der da gerade bepackt: Am Fahrzeugende des 1,77 Meter hohen Tribute bieten zwar Heckklappe und Heckfenster (per Fernbedienung zu öffnen) doppelten Zugang, jedoch verschärft durch eine hoch sitzende Ladekante.
Viel von der optischen Masse des Mazda – tatsächlich ist er mit 1,6 Tonnen in seiner Klasse eher ein Leichtgewicht – absorbieren schon die angesichts der Dimension übersichtliche Karosserie und die erklecklich präzise mit variablem Lenkwiderstand arbeitende Servolenkung.
Mit dem großen 3,0 Liter-Duratec-V6 von Ford (lieferbar ist auch ein 150 PS leistender 2,3 Liter-Vierzylinder) fährt sich der Mazda Tribute wie das Schwestermodell Ford Maverick viel erhabener, als es der äußere Schein erahnen lässt.
Füttert der Tribute-Lenker mit einer guten Portion Normal an, schmeichelt der 24-Ventiler mit Laufkultur. Füllig hängt der V6 trotz Maximalleistungen auf recht hohem Drehzahlniveau (262 Nm bei 4.850/min, 203 PS bei 6.000) am Gas, kraftvoll nimmt er selbiges an und durchzugswillig wieder auf.
Vier lang übersetzte Gänge (die ersten drei auf Knopfdruck ohne Overdrive-Funktion, der vierte als Schongang) reichen dafür aus – nur an Autobahnanstiegen nervt die Automatik in Arbeitsunion mit dem Tempomat zwischen Stufe vier und drei mit hektischen Gangwechseln.
Ansonsten ist der meist zufrieden säuselnde Sechszylinder pure Erziehung zur Gemütlichkeit: Ruhige 1.500 bis 2.000 Drehungen pro Minute bei etwa 120 km/h – und schon sind die wild den Innenspiegel durchfliegenden TDIs auf der Autobahn Nebensache.
Ein sparsamerer Selbstzünder, den man in der nächsten Generation des Tribute erwarten darf, stände dem Mazda gut, aber nicht besser – denn er wäre Fortschritt im Sinne des zu kleinen Tanks und des hohen Verbrauchs, aber eben nicht im Sinne fein-geschmeidiger Laufkultur.
Dass die hiesige Verkehrskultur Grund und Boden oft allzu gründlich betoniert, macht der gepflegt erzogene und preislich sehr reelle Mazda Tribute 3.0 V6 (30.220 €) seine Insassen auch mit mehr Profil an den Fersen nicht durch herbe Abrollgeräusche und schwankende Unkommodität spüren.
Dass sein Autoleben nur sehr selten Rampen- und Überhangswinkel prägen werden, offenbart schon der Blick in die Bedienungsanleitung: Ziffern oder Zahlen dazu fehlen ganz. Klassische 4×4-Beitaten wie das Traktionsfördernde Untersetzungsgetriebe ebenso.
Die massiven Haltegriffe an den A-Säulen werden in seinem Autoleben hierzulande eher selten gebraucht werden. Zu selten rollt der Mazda Tribute allerdings auch über den Asphalt deutscher Straßen. Bester Beweis dafür, dass sich gute Autos nicht unbedingt über hohe Stückzahlen definieren. (2005)
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