Neuheiten & Automesse
NO-risring? Ein letztes Rennen?
Von Öl und Autos, vom Einsteigen und Aussteigen: Ein Besuch mit Petronas in der Box des Mercedes DTM-Teams auf dem Nürnberger Norisring – Mercedes, Petronas, DTM und Norisring: Was bringt die Zukunft?
Der Norisring: Die Monte der kleinen Leut´
Der Norisring ist die Monte der Franken, das Monte Carlo der kleinen Leut´, Deutschlands schönstes Stadtrennen … Die Atmosphäre ist anmachend, die Historie lang. Schon seit dem Jahr 2000 finden hier DTM-Rennen statt.
Der Norisring ähnelt in der Form einem Motorradsattel: kurze Kurven, lange Geraden. Im DTM-Rennkalender ist der Norisring mit seinen 2,3 Kilometern, die im DTM-Coupé in rund 47 Sekunden umrundet sind, die kürzeste Strecke mit dem zweitgrößten Vollgasanteil (63 %).
Der Kurs ist keine Permanent-Rennstrecke, sondern ein Bausatz. 60 Ehrenamtliche verlegen jedes Jahr von Neuem fünf Kilometer 3-Fach-Leitplanken, fünf Kilometer Sicherheitsfangzaun, 110 Reifen-Sixpacks (6×6 Reifen), zwölf Kilometer Bauzaungitter, fünf Kilometer Stromleitungen, drei Kilometer Wasserleitungen und einen Kilometer Betonplanken, um das historische Gelände, wo Reichsadler noch auf die dunkelste Geschichte verweisen, von den DTM-Boliden zu schützen.
Soviel Atmosphäre, und hier sollen im Jahr 2019 keine Rennen mehr gefahren werden? Geht doch nicht.
Die Mercedes-Box: Fehlzündungen auf dem Kuschelteppich
Eine größere Überdosis Atmosphäre, als kurz vor Rennbeginn in der Box, kann man nicht inhalieren. Wer aber jetzt hechtende Mechaniker, archaischen Gestank und von Öl verschmierte Böden vor sich sieht, der liegt falsch: Gepflegter Teppichboden, ordentliche Schranklandschaften, gepflegte Gelassenheit in der Box von Mercedes-AMG – Fast wie beim Zahnarzt, nur mit acht Zylindern.
Die Geräuschkulisse direkt hinter dem Auspufftrakt der Mercedes-AMG C63 von Nummer 94 und Nummer 2, von Pascal Wehrlein, der 2015 die DTM gewann und DTM-Dino Garry Paffett, der schon 2005 siegte, treibt DTM-Jüngern die Tränen in die Augen – „Kontrollierte Fehlzündungen“ nennen sie das hier, und es dient dazu, die Motoren kontrolliert auf Temperatur zu bringen – What a sound.
Mercedes und die DTM: C63 DTM, ein Auto vom anderen Stern
Die DTM war mal eine volksnahe Rennserie mit vielen Herstellern. Die Autos sahen so aus wie von der Straße – na ja, fast. Heute ist das anders. Ein DTM-Auto hat mit der Serienversion so viel zu tun wie der FC Nürnberg seit diesem Jahr mit der 2. Liga.
Genau drei Teile gleichen dem Serienmodell des Mercedes-AMG C-Klasse Coupé. Beide Varianten, die schnelle und die schnellere, besitzen das gleiche Scheibenwischerblatt, vorne den gleichen Stern und am Heck das AMG-Badge. Das war’s schon. Volksnähe sieht anders aus.
Ein V8-Sauger ist aber was Feines. Nicht nur wegen dem bassigen Fundament. Den 550 PS Leistung und 550 Nm Drehmoment des Vierlitersaugers stehen nur 1.115 kg gegenüber. Inklusive Fahrer, der mit 84 kg eingerechnet wird. Wiegt er weniger, werden Zusatzgewichte ins Fahrzeug gepackt.
Das Geheimnis des Erfolgs ist neben den Einstellungen für Spur, Sturz, Federn, Dämpfer, Bremsanlage (auf dem Norisring: Flüssigkeits- statt Luftkühlung) und Flügelverstellung (ganz flach) vor allem der Reifendruck.
Am Anfang des Rennwochenendes wird vom Team ein so genannter 0-Wert für den Reifendruck festgelegt. Danach wird nur noch mit Plus-Minus-Werten gearbeitet, sodass selbst die Fahrer nur mit den Differenzen hantieren, und den effektiven Reifendruck nicht kennen.
Das, was die Rennen entscheidet, wirkt entrückt, die Autos wie von einem anderen Stern. Das tut weh, wenn man die alte DTM liebte.
Sie müssen eingeloggt sein, um einen Kommentar abzugeben Login